Journalismus ist ein Handwerk. Mit ein wenig Begeisterung und Fleiß kann jeder ihn erlernen. Doch selbst der beste Redakteur ist nichts ohne das richtige Werkzeug: Das sind die besten Tools für Lokalredaktionen.

Block, Stift, Schreibmaschine – mit diesen drei Werkzeugen kommt schon längst kein Redakteur mehr aus. Nicht einmal Computer, Tablet, Smartphone und Kamera reichen heute noch, um im Alltag zu bestehen. Viel zu groß ist der Zeitdruck, viel zu umfangreich das Pensum. Tools können Lokalredakteuren dabei helfen, den Alltag angenehmer zu gestalten. Das ist kein Widerspruch: Mehr Werkzeuge richtig eingesetzt helfen am Ende, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.

Los geht’s: Die besten Tools für Lokalredaktionen

  • Stashcat
  • Ja, schon klar, alle Onliner scrollen schon gelangweilt weiter. Einen Messenger zu empfehlen, erscheint auf den ersten Blick alles andere als neu und hilfreich. Doch die Wahrheit in vielen deutschen Lokalredaktionen ist: Der Großteil der internen Kommunikation erfolgt per Mail. Und das ist die Hölle. Unzählige Mails mit Betreffzeilen wie „Re: AW: Re: AW: Re: AW: Machst Du das oder soll ich?“ kosten jeden Lokalredakteur tagein, tagaus wertvolle Zeit, die am Ende fürs Recherchieren oder Reportieren fehlt. Chat-Programme wie Stashcat beschleunigen Absprachen im Redaktionsalltag. Das folgende Beispiel macht deutlich, mit wie viel weniger Klicks allein eine Anfrage verschickt ist:

    E-Mail Stashcat
    Outlook öffnen Stashcat öffnen
    Neue E-Mail öffnen Empfänger wählen
    Empfänger eingeben Text schreiben
    Betreffzeile schreiben „Enter“ drücken
    Begrüßungsformel und Text schreiben
    absenden

    Ergebnis: Stashcat benötigt im Vergleich zur Mail nur vier statt sechs Handgriffe und die sind auch noch wesentlich schneller ausgeführt. Klingt wenig? Ja, bei einer Mail am Tag fällt die Zeitersparnis nicht ins Gewicht. Doch wir schreiben am Tag wie viele Mails? Dutzende? Hundert? Oder noch mehr?

    Stashcat richtet sich an Unternehmen und Behörden. Der große Vorteil im Vergleich zu anderen Messengern: die Sicherheit. Bei Stashcat ist die Kommunikation Ende-zu-Ende-verschlüsselt. Außerdem kombiniert Stashcat die Funktionen bekannter Messenger und Cloud-Anwendungen wie Whatsapp und Dropbox. Gehostet wird das ganze in einem deutschen Rechenzentrum oder alternativ in der kundeneigenen Infrastruktur. Stashcat bietet auch weitere Funktionen wie eine von Handynummern unabhängige Kontaktdatenbank und Georeferenzierung. Stashcat unterstützt alle mobilen und stationären Endgeräte. Dabei kann Stashcat – es stammt von der Heineking Media GmbH aus Hannover, die seit 2014 zur Madsack-Mediengruppe gehört – auch als eigene App gebrandet und betrieben werden.

    Messenger bestechen durch weitere Vorteile:

      1. Stashcat macht beispielsweise dank der Channels komplette Unterhaltungen über ein Thema für das gesamte Team sichtbar (ohne nerviges „Nimm mich mal in CC:“ oder „Die Mail hab ich nie bekommen!“).
      2. Stashcat lässt sich viel einfacher und schneller durchsuchen als Outlook. (speziell wenn es um Dateien geht)
      3. Viele Messenger sind in der Basisversion kostenlos.
      4. Stashcat lässt sich mobil viel einfacher nutzen. („Gesendet von meinem Xperia.“)
      5. Viele Messenger lassen sich ganz einfach mit anderen Programm und Tools verbinden. (Wenn es sein muss, auch mit Outlook…)

    Fazit: Stashcat oder andere Messenger zählen zu den wichtigsten Tools für Lokalredaktionen. Nachteile gibt es jedoch auch. So nimmt sich Slack beispielsweise ziemlich viele Berechtigungen heraus, um mit den Servern in den USA zu kommunizieren. Für Sicherheits-Fanatiker ist Slack anders als Stashcat die falsche Wahl.

  • Infogram
  • Ach kommt schon, ihr Online-Nerds, lest unten weiter. Für alle anderen: Infogram ist eines der besten weil einfach zu bedienenden Tools, um simple Grafiken zu basteln. Es ist in der Basisversion kostenlos, ich rate aber dringend zum Kauf. Die Pro-Version kostet 19 US-Dollar monatlich, die Business-Variante schlägt mit 67 US-Dollar zu Buche. Es lohnt sich, Geld in die Hand zu nehmen, allein um das Infogram-Logo aus- und ein eigenes einblenden zu können. Von den Preisen nicht abschrecken lassen: Aus Erfahrung weiß ich, dass die Leute bei Infogram auch mit sich verhandeln lassen. Meiner Meinung nach sollte jeder Redakteur auch im Lokalen in der Lage sein, für seinen Online-Text ein einfaches Balkendiagramm basteln zu können. Es geht viel schneller, als die Daten erst zu einem Grafiker zu tragen. Außerdem lassen sich die Grafiken auch als .jpeg oder .pdf speichern und in der Zeitung abdrucken. Für komplexe Darstellungen sollte dann aber der Grafiker ran. Der freut sich im Gegenzug, wenn er von dem vielen Kleinklein entlastet wird. Am Ende gewinnt mit dieser Arbeitsweise das gesamte Produkt und damit auch das Team.

  • Flourish
  • In die Liste der besten Tools für Lokalredaktionen schafft es Flourish problemlos, denn es ist das umfangreichste und dabei am einfachsten zu bedienende Grafiktool, das ich kenne. Wem Infogram zu wenig bietet, der ist bei Flourish genau richtig, wie ich in meinem Test herausgefunden habe. Zum Start gibt es 41 Templates, wobei das Wort Templates für Verwirrung sorgen kann. Denn gemeint sind verschiedene Visualisierungsarten: sprich Karten, Tabellen, Diagramme, Fotoslider und vieles, vieles mehr. Es gibt also ein sogenanntes Template für Diagramme, dahinter verbergen sich aber sieben fertige Linien-, Balken- und Kreisvarianten, die sich wiederum alle bis ins kleinste Detail anpassen lassen. Deutschlandkarten mit Bundesländern und Landkreisen sind ebenfalls vorhanden. Für Newsrooms aller Größen ist Flourish kostenlos. Der Grund dafür ist eine Partnerschaft mit dem Google News Lab.

  • Auphonic
  • So, liebe Onliner, ihr dürft wieder aufwachen. Kennt ihr Auphonic? Es zählt meines Erachtens zu den besten Tools für Lokalredaktionen, weil es eine verdammt aufwändige Arbeit enorm erleichtert: das Führen von Interviews. Oder besser gesagt: das Transkribieren. Wenn ich Interviews führe, muss ich die Aufnahme entweder selbst abtippen oder die Aufgabe einer Sekretärin überlassen. Beides kostet Zeit, viel Zeit. Auphonic verbindet sich via API mit der Google Speech Recognition. Es braucht also ein Google-Cloud-Konto. Mit der Google Speech Recognition API lassen sich 60 Minuten Audiomaterial pro Monat kostenlos verarbeiten. Das sollte für für einen Lokalredakteur für den Anfang reichen. Eine detaillierte Anleitung findet sich hier.

  • Evernote
  • Eine meiner Lieblingsapps heißt Evernote. Ich verfüge mittlerweile über Dutzende digitale Notizbücher, die ich auch privat nutze. Die App ist auf jedem Mobilgerät installiert, auch die Desktopversion verwende ich. Mit Evernote lasssen sich Notizen jederzeit und überall erstellen, organisieren und teilen. Dank der Synchronisierung sind die Ideen immer griffbereit. Für meine Arbeit ist das enorm hilfreich: Viele Ideen für Artikel oder Geschichten kommen mir nämlich oft zur Unzeit: im Bus, im Meeting und eigentlich auch immer nur dann, wenn ich weder Stift noch Papier dabei habe. Smartphone oder Tablet dagegen habe ich immer zur Hand und somit auch mein Notizbuch „Artikelideen“.

  • toTimeline
  • Viele Lokalredaktionen kennen bereits das kostenlose Open-Source-Tool TimelineJS. Es ermöglicht es, interaktive Zeitleisten zu veröffentlichen, durch die sich User klicken können. Dieses Format illustriert Geschichten, die über einen längeren Zeitraum laufen. Dazu zählt beispielsweise der sich verzögernde Bau des öffentlichen Schwimmbades, die Karriere des scheidenen Bürgermeisters, die Historie eines Sportvereins. Ich habe damit schon oft und gern gearbeitet. Kürzlich bin ich jedoch auf toTimeline gestoßen. Es ist ebenfalls kostenlos, verfügt allerdings über einige Vorteile gegenüber TimelineJS: Es ist SEO-freundlicher und meiner Meinung nach sieht es besonders mobil viel besser aus. Anders als TimelineJS können User hier vertikal durch die Zeitleiste streichen, nicht horizontal. Darüber hinaus gefallen mir die Fonts und die Darstellung der einzelnen Einträge besser. Sie sind übersichtlicher. Neben toTimeline vom International Center for Journalists gibt es auch noch toQuiz und das ganz spannende toDotmat, das besonders für Datenjournalisten einen Versuch wert sein sollte. Das Knight Lab der Northwestern University verfügt ebenfalls über weitere hilfreiche Tools: StoryMap JS für das erzählen einer Geschichte anhand einer Landkarte oder Juxtapose JS für Vorher-Nachher-Bilder. Jeder Lokalredakteur sollte mindestens einmal mit den Programmen gearbeitet haben, sie zählen zu den besten Tools für Lokalredaktionen.

  • Nuzzel
  • Oft gibt es online viel Lärm um nichts. Dank Nuzzel gelingt es, relevante Geschichten zu erkennen. So behalte ich bei Twitter den Überblick. Ein eigener Nuzzel-Account ist überflüssig, es reicht der Login mit den Twitter-Logindaten. Das Tool lässt sich auf sehr verschiedenen Wegen einstellen und Nutzen. So stellt Nuzzel zum Beispiel ein eigenes Magazin zusammen aus Links, die Accounts getwittert oder retweetet haben, denen ich folge. So laufe ich nicht Gefahr, in meiner chronologisch geordneten Timeline eine relevante Geschichte zu verpassen. Wie Nuzzel zu nutzen ist, erkläre ich in diesem Beitrag ausführlich.

  • Picsart
  • Bilder auf Smartphone oder Tablet zu bearbeiten, war nie einfacher als mit Picsart. Eigentlich eine Foto-Community, ist die dazugehörige App für iOS und Android absolut mächtig und auch noch kostenlos. Die App kann es locker mit den mobilen Varianten von Photoshop und Co. aufnehmen. Nicht nur Fotografen sollten sie installieren: Jeder Redakteur, der schnell ein Bild mit seinem Smartphone schießen muss, kann es dank Picsart sauber nachbearbeiten.

  • Let’s Enhance
  • Dieses erst kürzlich von mir entdeckte Tool zählt schon jetzt zu meinen besten Tools für Lokalredaktionen. Was es kann? Redakteuren den Tag retten. Im Lokalen arbeiten Journalisten seltener mit Profis zusammen, das macht sich auch bei Fotos bemerkbar. Besonders Porträts – selbst wenn sie in einem Download-Bereich zur Verfügung gestellt werden – haben oft eine miese Qualität. Wohl jeder Lokalredakteur kennt E-Mails mit Bildern im Anhang, über die der Absender schreibt: „Ich hoffe, es geht!“ Gemeint sind dann Fotos – von der Redaktion vierspaltig eingeplant -, die dank der geringen Auflösung so aussehen, als seien sie gestickt worden. In diesen Momenten, gern kurz vor Veröffentlichung, hilft Let’s Enhance. Dank eines mächtigen Algorithmus kann es Bilder optimieren. Ja, schon klar, die Photoshop-Philips denken jetzt: Pah, bikubische Interpolation, das kann ich auch! Mag sein. Aber die Esten hinter Let’s Enhance sind besser. Viel besser. Ihnen gelingt es nach eigenen Worten, schlechten Bildern dank künstlicher Intelligenz neue Bildinformationen hinzuzufügen. Haare oder Haut auf Porträtaufnahmen etwa erkenne Let’s Enhance und füge Bildpunkte hinzu. Das Ergebnis ist überwältigend! Sagt übrigens auch unser Fotochef. Wer Let’s Enhance nutzen möchte, benötigt einen Account. Der günstigste Tarif umfasst 20 Fotos, die in wenigen Minuten bearbeitet werden. Kosten: fünf Dollar. Günstiger war Rettung in letzter Sekunde wohl nie. Daher eines der besten Tools für Lokalredaktionen.